- Trans

    - Wave

    - Tanz

    - Idyll

 


Trans  ≡


 

Stücke die sich auf modellhafte Transformation beziehen:

600 Figures (PDF)

 

„Transformation is change, but not all change is transformation“

Transfiguration (2024)

Eine Figur oder Konstellation für sich ist eine Momentaufnahme und vielleicht nur ein Startpunkt für etwas Folgendes. Der musikalische Ansatz beginnt darin, zu erforschen, wie es zu dieser Figur gekommen ist bzw. wohin sie sich verwandelt: entflechtend oder sich zu einem Knäuel verdichtend? Welche Krafteinwirkungen sind dafür nötig? Kann ich es hörbar machen?

 


Wave  ≡


 

Stücke die sich auf wfc Strukturen (wave function collapse) beziehen:

(wfc-Algorithmus mit 17 Ausgangselementen/Tiles)

Zufall und Komposition (2019/2024)

Die Zufallsgenerierung per Computer erfolgt nicht nur aus Zeitersparnis – 1000 Mal zu würfeln und das Ergebnis zu notieren, dauert sicher eine Weile – sondern auch, weil jegliche menschliche Einflussnahme ausgeschlossen werden kann. Sobald Geschicklichkeit Einfluss auf das Ergebnis hat, ist eine der Grundlagen für die Definition von Zufall nicht mehr gegeben. Daraus folgt, dass sich die terminologische Unterscheidung zwischen „echten“ (z. B. durch manuellen Münzwurf) und pseudo (durch Computer) Zufällen hauptsächlich auf das Verfahren (wie er entsteht) und nicht unbedingt auf die Qualität des Ergebnisses selbst bezieht.

Das klangliche Äqvivalent einer Zufallsfolge ist das Rauschen.

Die mittels Wave-Function-Collapse-Algorithmus ausgebildeten Qualitäten erzeugen nicht ein Rauschen, wie es etwa beim Pseudo-Zufall der Fall ist, sondern komplexe Strukturen, die durch die vorgegebenen Anordungsregeln der Einzelteile (Tiles) Resonanzen erzeugen. Einzeln verstreute Annomalien (Fehler) bei der Anordnung der Tiles werden von mir als ein Durchscheinen eines zugrunde liegenden Rauschens interpretiert (Beim Einsatz z.B. eines Tile-Sets mit 17 Elementen steigt die Häufung von Anomalien ab einer gewissen Größe).

Diese Resonanzen bilden den Startpunkt einer kompositorischen Überlegung. Zu einem Klang zu gelangen, der vorher so nicht möglich gewesen wäre.

 


Tanz ≡


 

Stücke mit Tanz(Bezug):

 

Drifting Layers (2001)

Tanzsymbole
Ihre Skizzen, die mir die Choreografin Rose Breuss zu Beginn unserer Zusammenarbeit zeigte, waren für mich eine große Inspiration, eine inhaltliche Verbindung zwischen den beiden Ebenen Tanz und Musik herzustellen. Die Symbole für die Tanzformationen wurden sozusagen zu gestischen Elementen für die Musik. Dies ging sogar so weit, dass die Grundsymbole des Tanzskripts zu einem integralen Bestandteil der von mir entwickelten Kompositionsmethode wurden.

Tanzmusik
Ursprünglich waren neben den Instrumenten Flöte, Saxophon, Trompete und Horn auch zwei Schlagzeuger vorgesehen, die ich dann durch zwei Klaviere ersetzt habe. Zu stark spürte ich die Gefahr, mit dem Schlagzeug ein Klischee zu bedienen, dass die Musik im Zusammenhang mit Tanz erst durch einen eingängigen oder nachvollziehbaren Rhythmus „tanztauglich“ werde. Metrik und Rhythmus wurden in „Drifting“ nach stückimmanenten Kriterien gestaltet, so dass man nicht nach einem „Rhythmus“ tanzt, sondern zwei Ebenen (Tanz und Musik) aufeinandertreffen und deren Zusammenwirken die Wahrnehmung von Bewegung mit Musik verdeutlichen soll.

 


(Drifting Layers - score excerpt)

 

 


Idyll ≡


 

Stücke mit Bezug zu Jean-Jacques Rousseau:


(Idyll I - score excerpt)

 

(…) Ein Komponist, der wie Suppan mit Rousseau die natürliche Welt der fühlenden Seele beansprucht, andererseits die technische Welt des fühllosen Computers, den er, zeitweilig im IRCAM, fünf Jahre hindurch seinen dem Unerwarteten zugewandten Vorstellungen gemäß immer weiter programmiert, bis das Gerät endlich “reif” ist fürs Umsetzen kompositorischer Ideen, schreibt ein Idyll (…) Das Wort “Idyll” ist demnach zu abstrahieren. Griechischen Ursprungs (“kleines Bild”), benennt der Begriff später ein episches Gedicht, das einen idealen, einfachen, (ländlich) unschuldsvollen Zustand vorführt. Rousseau rückt in die Nähe, der übrigens die gebräuchliche Redewendung “zurück zur Natur” so weder geprägt noch verwendet hat. Erst im 19. Jahrhundert fällt das Idyll ins volkstümelnd Mediokre, um im 20. vollends einen Negativanstrich abzubekommen. (Das könnte sich allerdings wieder ändern: zurück zu Theokrit oder Ewald von Kleist!) Jedenfalls impliziert das Idyll die Sicht nach innen, um mit sich selbst in Einklang zu kommen. Nicht weit hergeholt ist, wenn ein introvertiert Veranlagter, mit seinem Ich den Einklang suchend, abseits von bildhaften Romantizismen den Titel Idyll wählt und zugleich die Frage aufwirft nach der “Wechselwirkung eines angeeigneten kompositorischen Vokabulars und der Musik an sich” (Suppan). Wobei diese existentielle, unbeeinflußbare “Musik an sich” mancherlei Deutungen zuläßt, auch übereinstimmbar mit Rousseaus Ideengut; Suppan versteht sie als eine den verändernden Zugriffsmöglichkeiten entzogene und analytisch nicht beschreibbare. Seine Musik spannt er methodisch zwischen konträre Pole. Das mag mit Rousseaus Gegensatzdarstellung von Natur und Mensch zusammenhängen, aber auch mit zwei von Suppan sehr geschätzten Komponisten: einerseits Stockhausen, ein “unerschöpflicher Fundus”, untersucht man, wie präzis er Gedachtes in Musik umsetzt; andererseits Xenakis, der komplexe, vorerst außermusikalische Prozesse im Computer verarbeitet und dennoch das klingende Resultat unmittelbar, mit gebannter Emotion vermittelt.Tonhöhen und mehrschichtig eingesetzte Rhythmen von Idyll II sind berechnet. Hiefür entwickelte Suppan, wie er sagt, “am Computer ein Modell, dessen Resultate entweder eins zu eins in die Partitur übertragen wurden oder durch mein persönliches Metier ergänzt wurden. Die am Computer verwendeten Rechenmethoden bewegen sich dabei auf einem schmalen Grat zwischen Determinierung und Zufall: ein Schwebezustand zwischen zwei Polen”. Sein “Metier” dient der Gestaltung des zweiten der insgesamt fünf nahtlos verbundenen Abschnitte, Rondeau genannt. Es unterscheidet sich von den anderen Abschnitten eben durch das Arbeitsverfahren und die Metrik (Zweihalbetakt). Insgesamt unterliegen die Zufallsresultate des Computers einer vorgegebenen Begrenzung, vergleichbar der kontrollierten Aleatorik.(…)

aus Lothar Knessl „Idyll ohne Idylle“ Wolfgang Suppan und sein Komponieren - einige Anmerkungen